Wirkungsvolle Jugendhilfe Hamburg

Sonntag, 21. August 2011

Aspekt 1


Aspekt 1:

Aus „The world factbook“ – Current Account Balance (Quelle einfügen) guck auch mal hier: http://de.wikipedia.org/wiki/The_World_Factbook
Der von der CIA geführte weltweite Ländervergleich weist Deutschland in seiner Bilanz des netto Handels und Dienstleistungen plus den netto Einkommen durch Renten, Profiten und Dividenden sowie den netto Transferleistungen (Pensionszahlungen und Lohnanweisungen) zu und von dem Rest der Welt in 2010 auf Platz drei mit einem Überschuss von $ 162.300.000.000,- (das Schlusslicht bildet die USA auf Platz 191 mit $ -561.000.000.000,- noch hinter Spanien, Italien und Frankreich).[1]
Die Ausweisung dieser hervorragenden Bilanz gewinnt angesichts derzeitiger Ankäufe von Staatsanleihen nicht nur besondere Aufmerksamkeit, vielmehr wird durch die Gleichschaltung der EZB und deutscher Politik ein Eingriff in das Wertesystem vorgenommen, welcher nicht deutlicher zeigen könnte um was es im Großen und im Kleinen geht – der Sicherung des Kapitals. Die Stabilisierung des Euro als Währung in Konkurrenz zum US$ und Yen und die Verteidigung der Märkte, insbesondere der Absatzmärkte, ebenfalls in Konkurrenz zu China und Japan, bilden die Hauptsäulen staatlichen Interesses. Die Vormachtstellung innerhalb der EU ist erklärtes Ziel – offenbar egal was es kostet.
Johannes Kahrs (SPD-Mitglied des deutschen Bundestages, Jugendhilfeausschuss Hamburg-Mitte)
„Europa ist unbestritten in der Krise. In dieser ernsten Lage sind grundlegende und mutige Entscheidungen unausweichlich geworden. Die Bundesregierung muss ihre Politik ändern, um Europa aus der Krise zu führen, lautet das Urteil des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und des Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier. Sie skizzieren in einem gemeinsamen Brief tragfähige Lösungen, die über den Tag hinaus Bestand haben und ein starkes Signal für die Zukunft der europäischen Einheit geben“.[2]

Und eben dieser Wille scheint bei manchem Bürger widersprüchlich aufzustoßen. Das sich die Soziale Partei Deutschlands (SPD) jetzt selber die von der CDU aufgesetzten Thesen zu eigen macht und diese im Rahmen der angestrebten Regierungsübernahme als Eigenleistung zuschreibt bei gleichzeitiger Abkehr von der ursprünglich vermuteten sozialen Ausgewogenheit für den Bürger, schmeckt bitter für den Wähler.
Damit erhöht sich gleichzeitig die Schwierigkeit, dem Bürger vernünftige Zahlen und Informationen bereit zu stellen. CDU und SPD bilden einen Medienblock, welcher unter anderem dazu dient, den Bürger moralisch schon mal gefügig zu machen. Wenn im Radio und im TV zu hören und sehen ist, dass die Staatskassen (analog dazu die Stadtkassen) geleert sind und nicht mehr alle Aufgaben gewohnheitsmäßig ausgeführt werden können, so lernt der Bürger auch auf diese Weise schon mal daran zu glauben, dass man eben nicht mehr den Staat oder die öffentlichen Verwaltungen in Anspruch nehmen darf bzw. man damit rechnen muss, dass es nur abgesenkte Hilfen gibt.
Praktisch und auf die Jugendhilfe bezogen äußert sich dieses wie letzten Freitag im Jugendamt Hamburg-Bergedorf. Eine Mutter wendet sich zum 2ten mal an das Eingangsmanagement des Allgemeinen Sozialen Dienstes, nachdem sie  sich bereits vor sechs Wochen schon mal dorthin wandte. Damals sagte man ihr, sie müsse erst Beratungsgespräche in einer Erziehungsberatungsstelle wahrnehmen. Als die Frau darauf hinwies, dass dieses fast nicht umsetzbar sei (sie müsse jeweils Urlaub nehmen, um den Öffnungszeiten der Beratungsstelle nachzukommen), entgegnete die zuständige Sachbearbeiterin, dass alles dann ja eigentlich nicht so schlimm sein könnte. Letzten Freitag – nachdem der 17 jährige Sohn zum wiederholten Mal beim Diebstahl gefasst wurde – wandte sich die Mutter nun erneut an den ASD. Jetzt gehe es eigentlich nur noch darum, dass der Junge ab Montag auf der Straße sitzen werde, wenn nicht irgendetwas passiert. Die erneute Antwort im Jugendamt Hamburg-Bergedorf: „Die Kassen sind leer – so einfach wie Sie sich das vorstellen, geht es nicht! Und wenn ihr Sohn nicht mitarbeiten will, können wir eh nichts machen!“ Da die Mutter mittlerweile anwaltlich beraten war, konnte sie zumindest einen Antrag auf Hilfen zur Erziehung mitnehmen.[3]

Dass das Lied der „leeren Kassen“ (zumindest so einseitig aufgemacht) nicht stimmt wird nochmals deutlicher, wenn man sich den Prestigeobjekten Hamburgs zuwendet. In aller Kürze sei darauf verwiesen, dass sich der Bau der Elbphilharmonie mittlerweile auf über 550 Mio. Euro beläuft (und dieses ist nur die öffentliche Summe!).  An dieser Stelle der Vergleich: Der Gesamtetat für Hamburgs Sozialhaushalt liegt bei ca. 215 Mio. Euro jährlich.
Vor rund einer Woche berichteten die Hamburger Medien außerdem, dass es unerwartet zu höheren Steuereinnahmen kommt. Für 2011 stünden nun 123 Mio. Euro mehr zur Verfügung als erwartet. Bis Ende 2013 um ein vielfaches mehr. Erstaunlich ist allerdings, dass sich an dem Willen zum Sparen nichts ändert. Genau im Gegenteil, Olaf Scholz erweist sich als besonnen, wenn er die Mehreinnahmen zur Tilgung von Schulden verwendet. Auch diese Argumentation ist sehr eingängig und benötigt nicht viel Erläuterung. Welches krude Denkprogramm allerdings mit benötigt wird, um zu glauben, dass der Staat genauso funktioniert wie eine Bank oder der Privathaushalt, kann an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.[4]


[1]Vgl. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2187rank.html

[2]http://kahrs.de/kategorie/bericht-aus-berlin/

[3]Dieses hat sich nachweislich so zugetragen und ist belegbar.

[4]Wir empfehlen dazu:

1 Kommentar:

  1. Liebe Leute, jatzt hatte ich einen langen Kommentar geschrieben und er ist mir beim "Kommentar erstellen" wieder verloren gegangen.
    Deshalb im 2. Ansatz nur kurz:
    Ich glaube, wenn wir hier nicht als Profession aktiv werden, fährt der Zug wirklich ab.

    Es bleibt einem regelrecht die Luft weg, wenn man das liest. Aber man hätte es auch wissen können: es ist eigentlich der nächste logische Schritt im Rahmen der Ökonomisierung und der Einpassung in den aktivierenden Staat.

    Ich weiß nicht was ich schlimmer finde:
    - die Unverschämtheit, mit der auch noch behauptet wird, durch die Abschaffung des Rechtsanspruches sozialpädagogische Ziele umsetzen zu können, die mit KJHG bisher nicht erreicht werden konnten,
    - die Ignoranz und das Unwissen, ja die unglaubliche Dummheit, wenn es um das KJHG und die Praxis geht, die diesem Gesetz versucht, gerecht zu werden, indem sie Kinder und Jugendliche wie Menschen behandelt und als Subjekte ihres Lebens ansieht.,
    oder
    - die Unverfrorenheit, mit der von Wirkungslosigkeit gespreochen wird. Eine SPFH mit 3 Fachleistungsstunden ist genauso ein Unsinn, wie wenn man einem Chirurgen sagen würde, er brauche keien OPTisch, er könne die Kleinigkeit genauso gut machen, wenn der Patient steht. Sie haben die Arbietsbedingungen zusammengestrichen und gute Soziale Arbeit dadurch verunmöglicht - und dann monieren sie, dass die Arbeit unter diesen Bedingungen nicht wirklich Erfolg hat. Das ist, als würde man jemand ein Bein abhacken und dann zu ihm sagen: "Lauf los, zeig mal, wei schnell du laufen kannst!"

    Hier müuss ganz, ganz viel von unserer Seite aus passieren!
    Als Argumentationshilfe empfehle ich mal ganz frech mein Buch "Schwarzbuch Soziale Arbeit" (2010).

    Lasst uns dazu nicht länger schweigen, KollegInnen!
    Mechthild Seithe
    umsetzen zu können

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